Newsletter Spezial – Arbeitszeitrecht neu seit 01.09.2018

Oktober 24, 2018

Höchstzulässige tägliche bzw. wöchentliche Arbeitszeit

Die höchstzulässige tägliche bzw. wöchentliche Arbeitszeit wurde generell auf 12 Stunden bzw. 60 Stunden erhöht. Die 11. und 12. tägliche Arbeitsstunde sind jedoch freiwillig, d.h. sie können von den Arbeitnehmern grundsätzlich ohne Angabe von Gründen abgelehnt werden. Zudem können Arbeitnehmer wählen, ob sie die Mehrleistungen in Geld oder als Zeitausgleich abgegolten bekommen wollen. Die gesetzliche Normalarbeitszeit bleibt mit 8 Stunden täglich bzw. 40 Stunden unverändert. Die Erhöhung der höchstzulässigen Arbeitszeit schafft mehr Flexibilität für (weiterhin zuschlagspflichtige) Mehrleistungen.

Überstunden

Seit 01.09.2018 können maximal 20 Überstunden pro Woche erbracht werden, sofern innerhalb eines 17-wöchigen Durchrechnungszeitraums im Durchschnitt maximal 48 Stunden gearbeitet werden, wobei dieser Zeitraum durch Kollektivvertrag auf bis zu 52 Wochen verlängert werden kann.

Arbeitnehmern steht es aber frei, solche Überstunden ohne Angabe von Gründen abzulehnen. Sie sind diesbezüglich nun auch zur Anfechtung wegen Motivwidrigkeit (§ 7 Abs 6 AZG).

Bei am 01.09.2018 bereits bestehenden All-In-Vereinbarungen ist Vorsicht geboten: Es stellt sich die Frage, ob dadurch auch Mehrleistungen abgedeckt sein sollen, die zwischen 10 und 12 Stunden täglich bzw. 50 und 60 Stunden wöchentlich geleistet werden. Diese All-In-Vereinbarungen sind auf den Parteiwillen zum Zeitpunkt ihres Abschlusses zu untersuchen.

Zur Beseitigung von Rechtsunsicherheiten und Vermeidung von Risiken raten wir, vor dem 01.09.2018 geschlossene All-In-Vereinbarungen zu prüfen und gegebenenfalls neu zu fassen.

Ausnahmen vom Geltungsbereich des AZG/ARG

Bereits bisher vom Geltungsbereich des AZG und des Arbeitsruhegesetzes (ARG) ausgenommen waren gemäß § 1 Abs 2 Z 8 AZG „leitende Angestellte, denen maßgebliche selbständige Entscheidungsbefugnis (Anm: nicht mehr Führungsaufgaben) übertragen“ sind. Seit 01.09.2018 werden nun auch „sonstige Arbeitnehmer, denen maßgebliche selbständige Entscheidungsbefugnis übertragen ist“, vom Geltungsbereich ausgenommen. Voraussetzung für die Ausnahme ist, dass die Arbeitszeit der Betroffenen „aufgrund der besonderen Merkmale der Tätigkeit weder gemessen, noch im Voraus festgelegt wird oder vom Betroffenen hinsichtlich Lage und Dauer selbst festgelegt werden kann“.

Es ist daher davon auszugehen, dass nunmehr auch Arbeitnehmer der dritten Führungsebene in die Ausnahmeregelung des § 1 Abs 2 Z 8 AZG einzubeziehen sind, sofern die oben genannten Voraussetzungen vorliegen.

Wochenend- und Feiertagsruhe

Seit 01.09.2018 gelten weiters Ausnahmen von der Wochenend- und Feiertagsruhe bei vorübergehend auftretendem besonderem Arbeitsbedarf. Diese gelten nunmehr branchenunabhängig für alle Unternehmen. Arbeitnehmer können dann an maximal 4 Wochenenden oder Feiertagen (pro Arbeitnehmer) pro Kalenderjahr eingesetzt werden, wobei die 4 Wochenenden nicht hintereinander liegen dürfen. Voraussetzung ist, dass eine entsprechende Betriebsvereinbarung abgeschlossen wird oder in Betrieben ohne Betriebsrat mit den Arbeitnehmern eine schriftliche Einzelvereinbarung geschlossen wird. Wie auch bei der 11. und 12. täglichen Arbeitsstunde können Arbeitnehmer die Arbeitsleistung an Wochenenden bzw. Feiertagen grundsätzlich ohne Angabe von Gründen ablehnen.

Gleitende Arbeitszeit

Bei gleitender Arbeitszeit galt bisher die höchstzulässige Normalarbeitszeit von zehn Stunden täglich. Sie kann seit 01.09.2018 auf zwölf Stunden täglich erhöht werden, sofern (i) Zeitguthaben ganztägig verbraucht werden können und (ii) ein Verbrauch im Zusammenhang mit der wöchentlichen Ruhezeit nicht ausgeschlossen ist, z.B. indem im Anschluss an das freie Wochenende am Montag Zeitausgleich genommen werden kann (§ 4b Abs 4 AZG). Sofern ein Arbeitnehmer in Gleitzeit also bis zu 12 Stunden täglich arbeiten möchte, kommt es grundsätzlich zu keiner zuschlagspflichtigen Mehrleistung.

Die AZG-Novelle bestimmt für bestehende Gleitzeitvereinbarungen ausdrücklich, dass diese aufrecht bleiben. Eine Erweiterung im Sinne der neuen gesetzlichen Bestimmungen ist mit Arbeitnehmern daher zu vereinbaren, wobei eine solche Vereinbarung zwingend schriftlich zu erfolgen hat.

Darüber hinaus werden Regelungen in Betriebsvereinbarungen, die für Arbeitnehmer günstigere Bestimmungen vorsehen, durch die AZG-Novelle ebenfalls nicht berührt (§ 32c Abs 10 AZG). Auch die aus Arbeitnehmersicht günstigeren kollektivvertraglichen Bestimmungen sollen von der Novelle unberührt und in Kraft bleiben. Ob die 11. und 12. Arbeitsstunde zuschlagspflichtige Überstunden sind, wenn die kollektivvertragliche Regelung bei Gleitzeit eine Normalarbeitszeit mit 10 Stunden vorsieht, hängt vom Interpretationsergebnis der KV-Bestimmungen ab.